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Du fragst, was uns wichtig ist? Hier in der villa?
Römervilla Möckenlohe

 
Na, ja, dass es uns gut geht. So wie in den letzten dreißig Jahren auch. Dass wir weiter so leben können. Und dass kein neuer Krieg für unsere milites kommt. Im Osten ist das ja immer noch ungewiss.

An was wir glauben?

Ja, wenn Du den Vater unserer Hof-Familie fragst, der schwärmt vom Jupiter. Dieser beschützt uns alle. Der Hofherr ist halt ein echter Römer. Offiziell ist er das zwar auch erst seit dem Ende seiner Legionärszeit. Aber dort, als Soldat, hat er das so gelernt. Nun fühlt er sich dem römischen Staatsgott verpflichtet.

Einer von unseren Knechten war auch bei den Soldaten. Bis er im Training verwundet wurde und deshalb ausgeschieden ist. Der war im Castell Abusina und erzählt gerne von dem Tempel auf dem Weinberg. Der ist dort für Mars und Victoria. Die Soldaten von der Wachstube, die liegt neben dem kleinen Tempel, die legen gerne Geschenke dort ab. So dass ihre Mühen, Grenzen zu verteidigen, von Erfolg gekrönt werden. Oder einfacher gesagt, dass sie gesund am Ende ihres Dienstes wieder heimkehren können.

Unsere älteste Magd, die ist eine Einheimische. Für sie sind die Mütter wichtig. Nicht nur ihre eigene, die schon auch. Nein, alle die Mütter aus früheren Zeiten, besonders die aus der eigenen Verwandtschaft. Und deshalb stellen sie hier in der Gegend in ihre Hausheiligtümer gerne eine kleine Mutterfigur.

Und noch einen haben wir am Hof, der ist, als Knecht, für die Pferde zuständig. Dem sieht man es gar nicht mehr an, dass sein Ur-ur-ur-großvater ein dunkelhäutiger Legionär aus Nubien war. Die hatten dort lauter tiergestaltige Götter: Einen Löwen, einen Wildesel, einen Widder. Die Namen von denen kennt er nicht mehr. Nur von dem Widder weiß er, dass dieser in einem großen Tempel lebt, welcher der aufgehenden Sonne zugewandt ist. Das gefällt unserem nubischen Pferdeknecht. Und deshalb schüttet er gerne dem Sol oriens, dem von den Römern, etwas Wein hin.

Und ich, was ich mir so vorstelle?
Ach, ich nehme von allem was; es wird schon irgendwie so weiter gehen.
Ganz oben, im blauen Himmel, da ist bestimmt eine, die passt auf uns auf. Die lenkt das Wetter und die Ernte. Und sie lässt uns leben.

Gelegentlich kommt ein Händler aus dem Germanischen vorbei, aus dem Norden, wo es die vielen Wälder gibt. Der erzählt dann von einem, der hoch über uns drüber reitet und auf die Menschen aufpasst. Seine Raben erzählen ihm, wo etwas los ist, und da schaut er dann nach. Unsere Einheimischen kennen auch so einen, aus ganz alten Geschichten.

Die Frauen, die beim Händler dabei sind, die schwärmen von einem starken und sehr männlichen Gott. Der bekämpft die Unwetter und schlägt dabei wild auf die Sturmwolken ein. Und dann kracht es und donnert. Und so nennen sie ihn auch: Donner. Der soll auch oft zu den Menschen runter kommen und sie besuchen. Wenn er da bei den Reichen eingeladen ist, dann frisst und sauft er alles, was da ist. Bei den Armen aber schlachtet er gerne seinen Bock. Und alle miteinander essen den dann. Der Donar belebt den Bock am nächsten Tag dann wieder, aus den aufbewahrten Knochen. Ob´s stimmt? Auf jeden Fall zeigt er bei dieser Erzählung sein Mitgefühl mit den Menschen. Und das ist gut so, denn schließlich könnte ja bei seinen Schlägen auf die Unwetterwolken ein Funken auf ein Haus fallen. Und es zum Brennen bringen. Und er will ja bestimmt nicht, dass so ein Unfall geschieht.

Die Händlerfrauen reden aber auch gerne von einer ganz alten und weisen Macht. Die bringt uns das Grünen und Blühen. Nicht nur im Garten und auf den Feldern. Auch das Gedeihen der Kinder, bei Menschen und Tieren, verdanken wir ihr. Sie lässt ihren Wagen von Katzen ziehen oder fliegt im Falkenkleid. Und sie trägt eine kunstvolle Kette aus Bernstein um den Hals.

Aus dem Osten, da sind ja schon viele Götter rüber gekommen, die für uns neu sind:
Der Orpheus, der Schwärmer. Der Dionysos, der Säufer. Der Dolichenus, der mit seiner Doppelaxt. Die Zwillingsbrüder, die vom Schwarzen Meer her geritten kommen. Der Mithras, der Stiertöter, der angeblich am Weltenrad drehen soll.
Und zuletzt noch der Prediger, der den Sklaven das Paradies im Jenseits verspricht. Seine Anhänger, die werden immer mehr - und mehr ...

Kurt Scheuerer, Ingolstadt, 2018  


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