Logo Kurt Scheuerer, Ingolstadt Kurt Scheuerer - Anmerkungen zur Mythologie  
Drachen in Mythologie und Märchen

Drachen in der Mythologie

Sumer, Babylon

Am Anfang bestanden die Urmächte: die Wasser, die Erde und der Himmel.
Tiâmat, das weibliche Prinzip, verkörperte das - die Erde umgebende - Meer.
Apsû, das männliche Prinzip, war das - Wachstum bringende - Grundwasser der Erde.
Später eigneten sich die Götter diese Mächte an, sie wurden ihre Herren.
Enki (Ea) tötete den Apsû, An erhielt den Himmel und Enlil die Erde:
»Nachdem An den Himmel weggetragen hatte,
Nachdem Enlil die Erde weggetragen hatte, ...«
(sumerische Gilgamesch-Dichtung. 3. Jt. v.Chr.)

Tiamat, in Gestalt eines Drachen, schuf elf schreckliche, tiergestaltige Dämonen,
so daß keiner der Götter es wagte, sich ihr zum Kampf zu stellen.
Schließlich meldete sich der junge Marduk, der damals noch unbedeutende Gott von Babylon, und bat die Götter, alle ihre Kräfte an ihn zu geben. Nachdem sie reichlich dem Bier zugesprochen hatten, entsprachen sie seiner Forderung.
Marduk tötete Tiâmat und spaltete die Leiche.
Aus der oberen Hälfte schuf er das Himmelsgewölbe, aus der unteren die Erde (spätere, babylonische Version).

So war Marduk von Babylon der Oberste Gott im Zweistromland geworden.
Als dann die Assyrer die Herrschaft antraten, wurde in den schriftlichen Aufzeichnungen dieser Geschichte der Name Marduk durch den Namen des Stadtgottes Assur ersetzt.

Auch bei den Hebräern wurde Jahveh als der Überwinder des Drachens Leviathan gepriesen.
»Warst nicht du es, der Rahab zerhieb, den Drachen durchbohrte?« (Isaias 51.9)
»Ich aber bin der Herr, dein Gott, der das Meer erregt, daß seine Wellen erbrausen!« (Isaias 51.15)

Griechen

Nach Homer sind die Meeresgottheiten Okeanos und Tethys die Ursache für alles Werden, nach Hesiod sind das Chaos, der Äther und der Eros die Uranfänge.
Gaia, die Erde, entstand aus dem Chaos und gebar Uranos, den Himmel.
Aus deren Vereinigung entstanden die Gebirge und das Meer, die Titanen, die Giganten und die melischen Nymphen, die Mütter der Menschen.
Die olympischen Götter waren die Kinder der Titanen.
Sie stritten untereinander und Zeus verbannte die Titanen in die Unterwelt.
Dies erzürnte Gaia und sie schuf die Giganten, Wesen mit Schlangenfüßen und Urkräften.
Diese kämpften gegen die Olympier, wurden jedoch von ihnen vernichtet.

Bei den Sumerern, den Babyloniern und auch später in der klassischen Antike faßte man diesen Kampf als ein sich Erheben der menschlichen Kultur, der Ordnung und des Gesetzes über die ungeordnete wilde Urzeit auf.

Das Böse zeigte sich in der Antike also durchwegs in Gestalt einer Schlange, oftmals mit einem Löwenkopf - also einem Drachen.
Der Drache symbolisiert das Tierische, das Verderbte im Menschen, welches vom Verstand und der menschlichen Vernunft überwunden werden muß.


Drachen im Märchen

Im 2. vorchristlichen Jahrtausend hatte sich im Orient der Brauch herausgebildet, die Töchter durch ihre Eltern zu verheiraten. Ein Mädchen konnte also vorher nicht wissen, was für einen »schrecklichen« Eheherren es unter Umständen zu erwarten hatte. Ein tröstendes Märchen - anderen geht es ebenso, der Retter ist nahe - konnte in solch einer Situation hilfreich sein.

Ein solches ist in vergleichbarer Weise an vielen Orten erzählt worden:
Babylon: Ischtar, aus der Unterwelt errettet - ihr Gatte Dumuzi wurde für sie geopfert.
Syrien: Andromeda (nackt und mit all ihrem Schmuck = Astarte, Ischtar) an einen Felsen gekettet und einem Ketos (einem Meeresungeheuer) ausgesetzt - der jugendliche Held Perseus hat sie gerettet.
Griechenland: Hesione am Strand vor Troia einem Ketos übergeben - Herakles wurde von dem Ungeheuer für drei Tage verschlungen, bis er es töten konnte.

All dieses vermischte sich mit der nordischen Sage von Siegfried, welcher den Lindwurm aus Heldenmut getötet hatte und von dessen Blut unverwundbar wurde.
An vielen Orten in Europa entstanden so im Mittelalter Sagen um Drachen, welche in Höhlen wohnen und »Jungfrauen« einfordern, um dann von einem Helden getötet zu werden:
Der heilige Georg, der Drachenstich von Furth im Wald, sogar der starke Herzog Christoph von Bayern, die Pest in München, sowie viele andere.

Kurt Scheuerer, 2000  


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